Interview der Kandidaten zu Aufgaben für die Stadtpolitik, den Wert der Regionalität und ihr ganz persönliches Lieblingsplatzerl in Wien
Fragestellung: Zwei Kandidaten, ein gemeinsames Ziel: Politischer Gestaltungsspielraum für die Wiener Landwirtschaft. Sehr geehrte Klubobfrau, was sind die Eckpfeiler der Stadtpolitik in den vergangenen fünf Jahren gewesen, die für die Landwirtschaft in Wien besonders wichtig waren?
Elisabeth Olischar: Die Stadtpolitik hat sich in vielerlei Hinsicht um Themen gekümmert, die für die Stadtlandwirtschaft von ganz besonderer Wichtigkeit sind, aber es wurde versäumt, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Die Stadtplanung lässt nach wie vor eindeutige Vorranggebiete für Gartenbau, Landwirtschaft und Weinbau vermissen, SPÖ und Grüne haben das Problem der Energieversorgung in Simmering nicht für die Gärtner lösen können und zugleich fehlen Impulse, den Betrieben in Wien die Zukunft zu sichern. Und das brauchen wir für unsere Versorgung mit frischen Lebensmitteln.“
Norbert Walter: „Wir sind in Wien Vorreiter bei der Bioproduktion, darauf sind wir stolz. Wir müssen stets vor Augen haben, dass das die Familienbetriebe im Garten-, Wein-, Acker-, Obst- und Zierpflanzenbau sind, die dafür Sorge tragen, dass es diese Erfolge gibt, dass wir eine funktionierende Versorgung haben und Naherholungsflächen. Aber nur ein verkauftes Produkt schafft auch die Grundlage für die Bewirtschaftung im nächsten Jahr. Das vergisst man von Seiten der Stadtregierung gerne, wenn man neue Auflagen, Wünsche und bunte Konzepte auf den Tisch legt.“
Fragestellung: Sehr geehrter Herr Bauernbunddirektor, kürzlich wurden im Buschenschankgesetz Erleichterungen bei den Öffnungszeiten beschlossen. Das war eine Initiative des Bauernbundes…
Norbert Walter: „Ja, der Bauernbund hat sich vehement dafür eingesetzt, dass es nach diesem schwierigen Start ins Jahr und dem Lockdown Erleichterungen für die schwer getroffenen Buschenschank- und Heurigenbetriebe gibt. Zusammen mit der Landwirtschaftskammer haben wir uns dafür eingesetzt, dass es Ausweitungen bei den Öffnungszeiten in diesem Herbst gibt. Die Wiener Landwirtschaft hat unglaublich viel geleistet in dieser Krise, jetzt muss die Stadtpolitik auch jenen helfen, die es dringend brauchen, unseren Familienbetrieben in Wien.“
Fragestellung: Die Krise hat die Versorgung mit frischen Produkten aus nächster Nähe in ein sehr prominentes Licht gerückt. Was sind Ihrer Meinung nach die Lehren aus der Krise?
Norbert Walter: „In vielerlei Hinsicht ist das Bewusstsein für die Landwirtschaft, den Gartenbau, die Produktion in der Nähe enorm gewachsen. Die Wienerinnen und Wiener haben gesehen, wie wichtig eine funktionierende Stadtlandwirtschaft ist. In der Stadt ist man gewohnt, dass die Supermärkte frische Ware das ganze Jahr über haben. Nun haben wir gesehen, wie schnell eine Krise weltweite Warenströme über Nacht zum Stehen bringen kann. Wir können uns nicht mehr sicher sein, dass es morgen diese Palette auch noch gibt und besinnen uns der Produktion in direkter Nähe.“
Elisabeth Olischar: „Die Wienerinnen und Wiener können sich überzeugen, zu welchen Bedingungen unsere Lebensmittel hergestellt werden. Frische und Qualität sind nicht selbstverständlich, die Stadtlandwirtschaft produziert mit Nützlingen auf höchstem technischem und ökologischem Niveau. Dass diese Frische und Qualität auch erlebbar wird, ist ein politisches Anliegen: wir wollen die Märkte in Wien stärken und zugleich neue Möglichkeiten eröffnen, dass es Direktvermarktung gibt. Für viele Betriebe ist Direktvermarktung nicht möglich, aber hier gilt es, Wege zu finden, wie wir Produzenten und Konsumenten besser zusammenbringen.“
Fragestellung: Was wollen Sie verändern in Wien?
Elisabeth Olischar: „Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen, die Voraussetzungen in der Stadtplanung und Infrastruktur zu schaffen, die eine Sicherung der Landwirtschaft in Wien in Zukunft gewährleisten. Landwirtschaftliche Flächen, unsere Böden in Wien, sind Naherholungs- und Grünraum für alle, sie sind aber vor allem Grundlage für die Produktion unserer Lebensmittel. Das wollen wir mit ganzer Kraft gemeinsam für die Stadtlandwirtschaft umsetzen. Wenn ich an meinen Lieblingsplätzen in meinem Heimatbezirk Döbling, den Weinbergen in Neustift und am Nußberg, spaziere, dann hoffe ich, dass dieser Schatz, den wir hier direkt vor unserer Haustüre haben, diese Lebensqualität, erhalten bleiben. Dafür braucht es eben auch funktionierende Betriebe. Deshalb braucht es mehr Türkis in Wien!“
Norbert Walter:„Wir wollen das Gespräch ausbauen, gemeinsam Lösungen für unsere Familienbetriebe im Garten- Wein-, Acker-, Obst und Zierpflanzenbau finden, wo bisher immer nur gesagt wurde ‚geht nicht – gibt’s nicht‘. Es braucht eine klare Sicherung der Finanzierung der Landwirtschaftskammer auch in Zukunft, zugleich soll es Vereinfachungen geben, Bürokratie und unzählige Genehmigungsverfahren müssen auf ihre Sinnhaftigkeit hin durchleuchtet werden. Machen wir die Dinge einfacher, ermöglichen wir eine vielfältige Stadtlandwirtschaft, die in die Zukunft blickt. Unsere Familienbetriebe sollen wissen, dass sie mit uns einen starken Partner an ihrer Seite haben, der sich nicht nur einsetzt, sondern auch jederzeit da ist. Daher setzen wir uns dafür ein, die Stimmen zu maximieren, um besonders für die Anliegen der Stadtlandwirtschaft zu kämpfen.“